Herzlich Willkommen.

Willkommen auf den „goldgelben Seiten“ des Freundeskreis Heeresaufklärer. Der Freundeskreis Heeresaufklärer ist ein Zusammenschluss aktiver und ehemaliger Offiziere sowie Reserveoffiziere der Heeresaufklärungstruppe und der Panzeraufklärungstruppe der Bundeswehr.

Der Freundeskreis

Der Freundeskreis der Heeresaufklärungstruppe versteht sich als attraktives und lebendiges Forum für den offenen Diskurs zwischen Jung und Alt, Aktiven und Reservisten, Zeit- und Berufssoldaten. Weitere Informationen »

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Im Rahmen regelmäßiger regionaler und überregionaler Treffen findet ein reger Informationsaustausch und eine intensive Kameradschaftspflege statt. Weitere Informationen »

Aktuelles

Heeresaufklärungsschule zieht Halbjahresbilanz

Ein spannendes, forderndes und gleichzeitig richtungsweisendes Halbjahr liegt hinter der Heeresaufklärungsschule und seinen Soldatinnen und Soldaten. Von der Ausbildung unseres Offizier- und Portepeeträgernachwuchses über die Auswahlverfahren in den Fähigkeiten Fernspäh sowie Feldnachrichten bis zur Teilnahme an nationalen und internationalen Ausbildungsvorhaben - das Lastenheft der Schule war wieder sehr gut gefüllt. Doch dank des vorbildlichen und unermüdlichen Einsatzes des gesamten Stammpersonals konnten alle Herausforderungen bewerkstelligt werden. Und das vor allem auch, ohne den auferlegten Eigenanspruch aus den Augen zu verlieren: Einsatznah ausbilden! Aber der Reihe nach...

HAufklS auf Stippvisite in Berlin

„Politische Bildung ist Teil der Persönlichkeitsbildung und nur dann glaubwürdig, wenn der Rahmen, in dem sie sich bewegt, die Werte unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung verdeutlicht und erlebbar werden lässt.“ -  Diesem Leitgedanken folgend führte das Stammpersonal HAufklS vor der Sommerpause eine viertägige Bildungsfahrt durch - Ablaufpunkt: Kaserne Panzertruppenschule. Auslaufpunkt: Berlin. Das Seminarprogramm beinhaltete unter anderem eine Stadtrundfahrt, den Besuch des neuen BND-Komplexes sowie eine Begehung des Invalidenfriedhofes inklusive Impulsvorträge zu signifikanten militärische Führern, die an Ort und Stelle ihre letzte Ruhestätte gefunden haben - hier: u.a. die preußischen Generäle  von Scharnhorst, von Winterfeldt  und von Boyen. Besonderes Highlight der Stippvisite in der Bundeshauptstadt war sicherlich auch der Besuch des Paul-Löbe-Hauses, da hier ein Hintergrundgespräch mit dem Munsteraner Bundestagsabgeordneten und SPD-Bundesvorsitzenden Lars Klingbeil erfolgte. Abgerundet wurde das Programm mit einer Führung durch den Bundesrat und den Besuch des neuen Dokumentationszentrums Flucht und Vertreibung, ehe das Stammpersonal dann wieder mit vielen Impressionen im Gepäck die Rückreise nach Munster antrat.

Begehung des Invalidenfriedhofes gepaart mit Impulsvorträgen

Ausbilden, Führen und Erziehen

Nach Ende der vierwöchigen Sommerpause stehen die Hörsäle 41 und 46 (fahrzeuggebundene Spähaufklärung) sowie Hörsaal 44 und 48 (UAS LUNA) wieder mitten Auftrag und zeichnen sich für die Ausbildung der Feldwebelanwärter im „militärfachlichen Teil“ verantwortlich. Gleiches gilt auch für den Hörsaal 51, der den Feldwebelnachwuchs der Feldnachrichtenkräfte für eine künftige Verwendung als stellvertretender Truppführer befähigt. Die Offizierausbildung in der III. Inspektion läuft ebenfalls weiter. Seit September stellen sich zudem im Hörsaal 42 wieder Soldaten dem Training „Einsatz Fernspähkräfte“ – ein spezielles Auswahlverfahren, welches über den Zeitraum von 60 Tagen von erfahrenen Fernspähern durchgeführt wird und mit einer zehntägigen Prüfung endet - Mit dem Ziel: Die Teilnehmer für eine Verwendung innerhalb dieses körperlich und geistig sehr fordernden Auftragsspektrums zu befähigen.

Während des Fernspähauswahlverfahrens müssen so manche Herausforderungen gemeistert werden

Besuch aus dem Sahel

Die politische Administration des Niger ist ein wichtiger Partner in Bezug auf Deutsche Sicherheitsinteressen in der Sahel-Zone. Aus diesem Grund entsendet Deutschland im Rahmen der Operation Gazelle seit 2018 Soldatinnen und Soldaten in das westafrikanische Land, die im Rahmen von Ausbildung und Beratung nigrische Spezialkräfte unterstützen. Um den binationalen Austausch auch im „Bereich Aufklärung“ zu schärfen, war im Oktober eine Delegation der nigrischen Landstreitkräfte in Munster zu Gast. Hier wurde den auswertigen Kameraden das Fähigkeitsspektrum der Heeresaufklärungstruppe in voller Bandbreite dargestellt und erläutert. Den Kurzbesuch der nigrischen Aufklärer-Kameraden komplettierte die Teilnahme an einem Durchgang der Ausbildungslehrübung Landoperationen (ALÜ LandOp).

Der General der Heeresaufklärungstruppe begrüßt seinen nigrischen Counterpart zum binationalen Erfahrungsaustausch in Munster

ALÜ LandOp 22

Mit zahlreichen Teilnehmern aus aller Ecken der Bundesrepublik, erhielten auch in diesem Jahr unter anderem Angehörige der Heeresaufklärungsschule sowie Teilnehmer des Offizierslehrganges Teil 3 die Gelegenheit, sich anhand einer Ausbildungslehrübung (ALÜ) die Operationsführung von der Entscheidungsfindung bis hin zum taktischen Gefecht einer Panzerbrigade auf allen ihren Ebenen, von der Logistik bis hin zum Sanitätsdienst, veranschaulichen zu lassen. Teile der in der ALÜ eingesetzten Kräfte des AufklBtl 8 aus Freyung nutzten den mehrwöchigen Aufenthalt in der Heide, um sich unter Leitung ihres Kommandeurs an der HAufklS im Führungsprozess der HAufklTr beüben zu lassen.

Personalia 

Das zweite Halbjahr 2022 beinhaltete natürlich auch wieder Personalwechsel auf signifikanten Dienstposten. In der III. Inspektion gab Hauptmann Haas den Staffelstab des Hörsaalleiters 35 (lftgst. Aufkl. LUNA) an Major Schulz weiter. Ein weiterer Neuzugang in „der Dritten“ ist Hauptmann Radulovic, der von der 2./Aufklärungsbataillon 6 „HOLSTEIN“ Richtung Munster wechselt und hier eine Verwendung als Hörsaalleiter in der Fähigkeit fzggeb. SpähAufkl antritt.  In der IV. Inspektion übergab Stabsfeldwebel Arndt die Amtsgeschäfte des Inspektionsfeldwebels an seinen Nachfolger Hauptfeldwebel Friedrich. Weiterhin wurde mit Oberstabsfeldwebel Schneider eine echte Ausbilderkoryphäe der IV. Inspektion in den verdienten Ruhestand verabschiedet. In der Fähigkeit Radaraufklärung hatte er über viele Jahre den Portepeeträgernachwuchs nachhaltig geprägt und Generationen neuer Radaristen mit viel Herzblut und Liebe zum Detail ausgebildet. In der V. Inspektion übernahm Hauptmann Radke den Dienstposten des Hörsaalleiters 51 von Hauptmann Dietrich. Zudem wurde nun nach längerer Vakanz auch der Dienstposten des Hörsaalleiters 52 durch die Luftwaffe besetzt. Oberleutnant Jähnig und sein Ausbilderteam werden nun im Schwerpunkt den Fachlehrgang „Umsetzer Feldnachrichten“ durchführen. Durch die Besetzung des Luftwaffendienstpostens kann die V. Inspektion nun mit Fug und Recht die Zusatzbezeichnung „JOINT“ tragen, denn nun sind sowohl die Hörsaalleiterposten des Heeres, der Luftwaffe als auch der Marine besetzt.

Oberstabsfeldwebel Schneider wird durch den General der Heeresaufklärungstruppe in den verdienten Ruhestand verabschiedet

Argentinischer Ehrenpreis für Fähnrich Bohrenfeldt

Einen besonderen Moment erlebten sechs Offizieranwärter am 9. November 2022 in der argentinischen Botschaft in Berlin. Der argentinische Verteidigungsattaché, Gabriel R. Senmartin, ehrte besonders verdiente Absolventen der Bundeswehrschulen. Einer der ausgezeichneten Soldaten ist Fähnrich Simon Bohrenfeldt.

 

Seit den Sechzigerjahren zeichnen die argentinischen Streitkräfte die lehrgangsbesten deutschen Offizieranwärter aus. Dadurch soll die besondere Verbundenheit der beiden Staaten hervorgehoben werden. In diesem Jahr fand die Verleihung am besonders geschichtsträchtigen 9. November statt. In diesem Jahr erhielt Fähnrich (OA) Simon Bohrenfeldt, zur Zeit Lehrgangsteilnehmer auf dem Offizierlehrgang 3 (Zugführerlehrgang) an der Heeresaufklärungsschule in Munster als lehrgangsbester Offizieranwärter des Heeres des 90. Offizieranwärterjahrgangs (Fahnenjunkerlehrgang 2021) die Nachbildung des Säbels des argentinischen Unabhängigkeitskämpfers Josè San Martin (1778 bis 1850).

Unter Aufklärern: Brigadegeneral Rohde, Fähnrich Bohrenfeldt, Oberstleutnant Grünewald

Die Auszeichnung selbst erhielt Bohrenfeldt aus den Händen des Kommandeurs der Offizierschule des Heeres – also von „Aufklärer zu Aufklärer“.

Dass es gerade der Ehrenpreis der argentinischen Streitkräfte ist, hat für Fähnrich Bohrenfeldt eine besondere Bedeutung: die Angehörigen seiner Lebensgefährtin kommen ebenfalls aus Argentinien wie er dem Botschafter auf Spanisch berichten konnte.

Politische Bildung zur Steigerung der mentalen Einsatzbereitschaft

Zur Steigerung der personellen Einsatzbereitschaft und der Auftragserfüllung der Streitkräfte im Rahmen einer wertgebundenen Sicherheitspolitik hat die 4. des Gebirgsaufklärungbataillons 230 Ende Juli eine politische Bildungsreise durchgeführt.

Für diese Reise führte der Weg zum anderen Ende der Autobahn A7, an die Ostseeküste. Ziel war es unter anderem die Einsätze der Marine kennenzulernen und die Erfahrungen der Aufklärungskompanie des Seebataillons vermittelt zu bekommen, um so Lehren für die eigene Ausbildung auch abseits des Gebirges zu ziehen. Dazu stellte der Kompaniechef der Aufklärungskompanie Seebataillon seine Aufklärungsfähigkeiten vor. Am Folgetag berichtete der stellvertretende Bataillonskommandeur des Aufklärungsbataillon 6 „Holstein“ von den aktuellen Lehren aus der Mission „enhanced Forward Presence (eFP)“ in Litauen und folgerte für die Ausbildung in einem Szenario der Bündnisverteidigung. Anschließend ordnete der S3 Offizier des Verbandes die baltischen Staaten in der historischen Entwicklung ein und definierte die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Suwalki-Gap, der „Lücke“ zwischen Belarus und der russischen Exklave Kaliningrad.

Beim Verwundetentransport wird keiner zurückgelassen.

Nach dem Überwinden der Waldkampfbahn und dem gemeinsamen Erleben der dort gestellten Herausforderungen wurde am dritten Tag der Fokus auf die Rolle der wirtschaftlichen Faktoren der Außen- und Sicherheitspolitik gelegt. Durch die historischen Erfahrungen aus der Hansezeit ließen sich Parallelen zur derzeitigen politischen Lage ziehen. In den Abendstunden wurden, vor dem Hin-tergrund der kriegsnahen Ausbildung, Pflicht- und Wahlthemen der politischen Bildung behandelt. Dabei enthalten waren die Lehren aus dem Afghanistaneinsatz, der ethischen Dilemma-Situationen im Auslandseinsatz und den verschiedenen Varianten der Diskriminierung. Im Anschluss wurden Folgerungen für die weitere Ausbildung der Kompanie gezogen und nachgehalten.

Gelebte Kameradschaft bei gemeinsamer körperlicher Ertüchtigung.

Ungarn, November 1956 - Ukraine, Februar 2022

Ein Debattenbeitrag von Oberst a.D. Ulrich C. Kleyser, M. A., begonnen am 26. Februar 2022, ergänzt bis zum 27. März 2022.


Wie sich Stimmen und Bilder ähneln. Noch klingt bei Älteren im Ohr der verzweifelte letzte Aufruf des „Radio freies Ungarn“ am 4. November 1956 mit der Bitte um Hilfe des Westens, so wie der ebenfalls verzweifelte Aufruf des ukrainischen Präsidenten am 25. Februar 2022. Damals entschied sich der Westen, auch durch den neokolonialistischen Suez-Krieg der Franzosen und Briten „beschäftigt“, das sowjetische Einflussgebiet zu respektieren. Ein freies, demokratisches Ungarn hatte keine Chancen. Heute bleibt es bei verbalen - fast zynisch klingenden - Mitleidsbekundungen von Politkern für die in der Tat „unschuldigen Kinder“, von der beindruckenden - meist privaten und spontanen - Hilfe für Flüchtlinge abgesehen. Denn die Ukraine liegt außerhalb des NATO- und EU-Gebietes, im Vorhof der russischen Föderation, jedoch vor unserer Haustür im eigenen Vorgarten. Daher geht es auch uns an. Seit dem weitgehend friedlichen Zusammenbruch des Sowjetimperiums und den allgemeinen politischen Umwälzungen von 1989/91 hat kein Ereignis - selbst nicht der Terroranschlag des 9/11 - eine solche weltweite Resonanz erfahren wie dieser völkerrechtswidrige Angriffskrieg, wobei noch zu ergänzen ist, dass gut 1/5 oder auch mehr der VN-Mitgliedsstaaten gar nicht oder nur zögerlich Russland kritisieren und zudem weiter Wirtschaftsbeziehungen pflegen; ein untragbares Verhältnis, welches sich auch nach vier Wochen Vernichtungskrieg nicht wesentlich verändert hat.

Dabei war dieser - wiederholte - Völkerrechtsbruch bei Leibe keine Überraschung. Unabhängig von dem sich seit 2014 hinziehenden offenen wie verdeckten Krieg im Donbas zog sich vor den Augen der Weltöffentlichkeit seit Ende November 2021 die Schlinge um die Ukraine - als Manöver bagatellisiert - langsam aber sicher zu. Außer diplomatischen Versuchen blieb aus Blauäugigkeit, „Putin-Verstehen“, Angst oder auch aus Desinteresse eine deutliche Reaktion des Westens aus. Alle Einsichtigen und Wissenden hätten als Wollende damals schon reagieren können und Planungen für den Ernstfall entwickeln müssen. Die frühzeitig öffentlich gemachte Reduzierung der „Roten Linie“, wie schon 2014, auf einen vagen und vollmundigen „sehr hohen Preis“ dient mehr der Beruhigung der eigenen Bevölkerung und nicht einer Abhaltung Putins durch „Härte“. Die Wiederholung eines „faulen Friedens“ wie in München 1938 stand daher eher im Raum, als eine glaubwürdige gemeinsame Abschreckung.

Die Wiederholung eines „faulen Friedens“ wie in München 1938 stand daher eher im Raum, als eine glaubwürdige gemeinsame Abschreckung.

Unabhängig von dem derzeitigen, für westliche Militärexperten etwas verwirrenden, taktisch-operativen Vorgehen der russischen Streitkräfte in der Ukraine, hätten aber schon mit Grosny 1994/95 und 1999, [Aleppo später war weit weg!], Georgien 2008, jedoch spätestens mit 2014 zumindest die politischen Alarmglocken dröhnen müssen. Wirtschaftliche Eigeninteressen, Zögern, Halbherzigkeit und Nichthandeln des westlichen Europas hat nun die Ukraine - erneut - auszubaden.

Unser Westen hat Menschenrechte im Herzen, Völkerrecht im Mund, die eigene Wirtschaft im Kopf - aber nichts in der Hand, wenn man die Sanktionen außer Acht lässt, welche - fast schon vergessen - teilweise seit 2014 verhängt wurden. Doch Sanktionen allein haben historisch einen Aggressor ernsthaft noch nie von seinen Vorhaben abgehalten. Dazu sind die unterschiedlichen aktuellen Schwerpunktsetzungen - auch in der sogenannten demokratischen Weltgesellschaft der VN - allein schon im zentralen Europa eher bedrückend. Und für Deutschland - bislang - auch nur halbherzig und tröpfchenweise mit einem halben SWIFT und ohne Energiestopp. Die direkte Weiterfinanzierung der russischen Kriegsmaschine, vor allem durch Deutschland, ist ein Skandal und macht die verbalen Hilfeleistungen zu Worthülsen. Sollte die von Biedenkopf der alten Bundesrepublik zugeschriebene „ökonomische Interessengemeinschaft“ ohne außenpolitisch geforderte Verantwortung insgeheim die Wiedervereinigung überdauert haben?

Aber Angst ist immer ein schlechter Ratgeber, und nach Talleyrand ist „auch Nichthandeln Handeln“.

Dazu tut sich unsere Republik - wieder einmal - hervor mit Demonstrationen [mehr aus „German“ Angst, denn aus realer Ukraine-Unterstützung, „mourir pour Kiew“?], Wehklagen, Kerzen und Lichtspielen mit ukrainischen Farben. Gleichzeitig verdient die große, oft private und uneigennützige Flüchtlingshilfe große Anerkennung. Aber Angst ist immer ein schlechter Ratgeber, und nach Talleyrand ist „auch Nichthandeln Handeln“. Die zahlreichen Diskussionsrunden erschöpfen sich dabei zu häufig in militärpolitischer „Kaffeesatzleserei“, denn vom „sich´ren Port lässt sich gemächlich raten“. Das herbeigeredete Dilemma zwischen innerem sozialen Frieden und interstaatlicher Ukrainehilfe ist im Grunde nichts anderes als das Festhalten an dem zentralen Punkt einer zutiefst deutschen Klimapolitik, welche die übergreifende russische Bedrohung zu überlagern scheint. Und die nun so werbewirksam und vielleicht vorschnell verwendete nationale politische „Zeitenwende“ wird sich erst beweisen müssen. Putin hat augenscheinlich manche der Reaktionen nicht nur vorhergesehen und einkalkuliert, sondern mit seiner Entscheidung für Energielieferung nur gegen Rubel auch geschickt gekontert. Wieder einmal ist der Westen überrascht und, was schlimmer ist, auch ratlos.

In der politischen nationalen Diskussion schlägt man den Sack [die Bundeswehr], sollte aber eher den Esel treffen.

Den Esel, also die verschiedenen Regierungen, die politischen Eliten, aber auch die deutsche Gesellschaft, die seit 1991 [!] dem „ewigen Friedensprozess“ aufgesessen sind. Die Billigung des Satzes „Soldaten sind Mörder“ durch das BVG von 1994 zeigt nach wie vor seine Wirkung. Unsere friedensverwöhnte, verbrämt als postheroisch bezeichnete Wohlstandsgesellschaft scheut sich dann auch nicht, weiterhin Kinder in dem Prozess eines Friedenserhalts zu instrumentalisieren. Doch nicht - nur - die bestehende militärische Schwäche ist die Herausforderung, sondern eine zutiefst pazifistisch [Neitzel: strukturell] gesinnte Konsum- und Sozialgesellschaft eines Staates mit einem Defizit an strategischem, und hier nicht nur auf das Militärische bezogenem Denken, und nicht zuletzt mit einem nicht zu unterschätzenden tiefsitzenden Antiamerikanismus - auch jenseits von Trump - in vielen Gesellschaftsschichten. Daher ist auch mit dem späten, aber im Grunde richtigen 100 Milliardenprojekt - unabhängig von einer realistischen Zeitschiene nach gründlicher Analyse und aus dieser entwickelten klaren Zielen - keine Steigerung des nationalen Wehr- oder militärischen Verteidigungswillen zu erwarten. Grundlage hierfür muss die Umsetzung des mittlerweile alle politisch/gesellschaftlichen Bereiche ganzheitlich einbeziehenden Begriffs „umfassende Sicherheit“ sein. Eine Sicherheit, die weit über das militärische [Land, Luft, See, Cyber- einschließlich einer vermehrt energiefordernden [!] Digitalisierung - und Weltraum] hinausgeht und eng mit der Fähigkeit zur „Resilienz“ eines Staates verbunden ist. Sollten wir nicht den bewähren Satz: „[teure] vigilium pretium libertatis“ wieder zum Leben erwecken! Dann kann auch wieder das politische Gespann von Abschreckung und Entspannung erfolgreich wirken.

Niemand will - zu Recht - einen Krieg, aber zu denken gibt Clausewitz: „Jeder Staat hat eine Armee, entweder die eigene oder eine fremde.“ So bleibt nur, die alte klassische Forderung in moderner Form zu beherzigen: „Videant consules, ne res publica europaea detrimentum capiat“. Hierzu gehören allerdings und vor allem für Deutschland Entschlossenheit, Mut, Selbstbewusstsein und Standfestigkeit - Eigenschaften, die jedoch erst herausgebildet werden müssen, denn eine bedrückende Gemengelage aus Angst, Schuldgefühl, Neid und moralischer Hybris herrscht vor. Und ein „Quo usque tandem Putin?“ findet weiterhin ohne Europa statt. Möglicherweise wird sich bald auch die Frage stellen, ob diesem europäischen Völkermord - auch aus Selbstachtung heraus - auch militärisch Einhalt geboten werden muss. Daher muss die NATO bei dem sich möglicherweise noch ausweitenden Zivilisationsbruch auch über einen allgemeinen Krieg nachdenken, sich auf diesen vorbereiten und seine Mitgliedstaaten mit ihren Gesellschaften darauf einstimmen, wenn Russland den „Korken aus der Flasche zieht“. Denn letztlich könnte es um uns, unsere Sicherheitsordnung und damit insgesamt um unsere Gesellschaftsordnung gehen. Das bisher „Undenkbare“ darf nicht mehr ausgeschlossen werden.

Inzwischen kämpfen die Ukrainer mit Heldenmut. Eine hohe Zahl von Vertriebenen ist aufzunehmen. Aktuell kommen mehrheitlich Frauen und Kinder; von ihren Männern an die polnische Grenze gebracht, die nun selbst zur Verteidigung ihres Landes zurückkehren. Hochachtung für beide Gruppen! Denn, hier folgt Putin Clausewitz“ „Der Eroberer ist immer friedliebend, zu gerne zöge er ruhig in einen Staat ein“. Bei aller berechtigter Forderung, diplomatische Mittel zu erhalten und weiter zu nutzen, darf jedoch eines nicht außer Acht gelassen werden: Die Ukraine ist nicht nur Opfer, sondern bleibt eigenständiges politisches Subjekt, also keine Diplomatie über dessen Kopf hinweg! Doch was ist zu tun?

Die Ukraine ist nicht nur Opfer, sondern bleibt eigenständiges politisches Subjekt, also keine Diplomatie über dessen Kopf hinweg!

Interessant ist, dass in der Diplomatie und der allgemeinen Wertediskussion der wesentliche Ost-Westunterschied gar nicht oder nur kaum angesprochen wird. Darin liegt unsere eigentliche Chance. Denn es geht nicht - nur - um Demokratie, sondern darum, dass der Westen mit seiner freiheitlich liberalen Gesellschafts- und Wirtschafts- und Rechts- wie Sozialordnung, trotz ihrer auch anzusprechenden Schwächen, ungleich attraktiver ist als der „Osten“. Und dies nicht nur trotz Helsinki 1975. Warum also nur wollen alle in den Westen und nicht Richtung Moskau? Dies sollte auch Putin zu denken geben, wenn auch nur als schlagendes, wenn auch leider nicht durchschlagendes wie durchsetzungsfähiges Argument. Wesentlich für diese Diskussion bleibt die Feststellung, dass es sich im Westen begrifflich um eine [offene] Ordnung und nicht um ein [autokratisches oder diktatorisches] System handelt.

Zuerst erscheint eine konzertierte, westliche Informationskampagne auf allen technisch möglichen Kanälen erforderlich, um der russischen [und auch chinesischen] Propaganda Paroli zu bieten. Denn auch dieser weltweite Krieg um die Meinungshoheit findet längst statt. Schläft der Westen wieder einmal und lässt sich auch hier das Heft aus der Hand nehmen? Damit eng verbunden muss eine gezielte Abfederung der Sanktionen in der sog. 3. Welt erfolgen mit Schwerpunkt in Afrika, vor allem hinsichtlich der Ernährung [Weizen etc.] und hochwertiger Entwicklungstechnik. Es ist an der Zeit, auch bei uns wieder geopolitisch denken und dann auch handeln zu lernen. Und dies auf einer anderen Ebene als der dem französischen Ansatz folgenden Kooperationsvertag mit Italien, der wieder einmal die Absurdität europäischer Zusammenarbeit bestätigt. Gerade jetzt, trotz und unter dem Grauen des Ukrainekrieges, könnte sich hierdurch eine unseren Interessen entsprechende langfristige Schwächung Russlands, und ggf. auch Chinas, und damit eigener stärkerer Einfluss ergeben. Dieser realpolitische Ansatz sollte nicht übersehen werden. Und geopolitisch wird dieser Ansatz sinnvoller und nachhaltiger sein als der derzeitige so wohlmeinende Rückgriff auf eigene koloniale Schuldvergangenheit.

Erst anschließend müssen eine Überarbeitung des Völkerrechts, eine Neustrukturierung der VN, eine Wiederbelebung der OSZE und schließlich auch eine Weiterentwicklung der außen- und sicherheitspolitischen Handlungsfähigkeit der EU auf der politischen Tagesordnung stehen.

Es ist an der Zeit, dass aus dem bisherigen Friedensprojekt Europa nun auch ein verantwortungsbewusstes Machtprojekt Europa wird.

Doch zurück zu Putin. Unterschätzt wird im Westen die tiefe „russische Seele“, die sich Putin zu Nutze macht. Das „heilige Mütterchen“ Russland, mit seinem realen wie mythisierten Geburtsort Kiew [Kiewer Rus] ist in der Verbindung mit der russischorthodoxen Staatskirche und seiner Volksfrömmigkeit tief in die russische Seele eingebrannt. Auch die sprichwörtliche historische Leidensfähigkeit seiner Bevölkerung sollte nicht unterschätzt werden. „Allrussland“ ist somit keine Floskel, sondern ein tiefes inneres Bedürfnis. Daher scheint die westliche Erwartungshaltung eines innerstaatlichen Systemwandels oder gar -sturzes eher unserer Blauäugigkeit zu entsprechen als einer realen Analyse.

Und abschließend eine sich historisch immer wieder bestätigende Wahrheit, so Seneca: „Zu spät wird der Geist zum Bestehen der Gefahr erst nach der Gefahr gerüstet“.

Die Heeresbergführer bei den Gebirgsaufklärern

Unter Führung von Stabsfeldwebel Volker Neumann ging es im März darum, die Heeresbergführeranwärter des Gebirgsaufklärungsbataillon 230 an die hohen Belastungen als Führer im Hochgebirge im Winter zu gewöhnen und die Leistungs- und Leidensfähigkeit zu steigern.


Beste Voraussetzungen
In den Stubaier Alpen fanden die Heeresbergführer (HBF) und Heeresbergführeranwär-ter der Füssener Gebirgsaufklärer beste Voraussetzungen, um ihre Führungsfähigkeiten und ihr Können im Hochgebirge zu steigern. Unter dem Motto: „Übung macht den Meister“, mussten sich die HBF-Anwärter täglich auf die anstehenden Touren vorbereiten und regelmäßig eine ausführliche Befehlsaus-gabe für die jeweiligen Touren durchführen. Anmarschweg, Lawinenlagebericht, Geländebeurteilung, Marsch-/Zeitberechnung und Ausrüstung waren elementarer Bestandteil der Tourenplanung. Die Heeresbergführer unterstützten die Anwärter dabei mit wertvollen Tipps.

Aufstieg zum Sulzkogel, 3016 m

Jede Menge Höhenmeter
Auf dem Ausbildungsprogramm stand vor allem das Tourengehen auf Ski im unbekannten winterlichen Hochgebirge. Die Anwärter sollten viel Führungserfahrung sammeln und sich an die tägliche Belastung von mehrstündigen Märschen gewöhnen. Jeden Tag wurde eine Marschstrecke von 15-20 Kilometern mit ca. 1500 Höhenmetern zu bewältigt. Jeder hatte ca. 10 Kilogramm Marschgepäck dabei. Hierbei legten die Gebirgsaufklärer aus Füssen in den 6 Tagen ca. 8200 Höhenmeter, knapp 90 Kilometer Wegstrecke bei täglich ca. 6 Stunden Marschdauer zurück. Da wurden selbst bei den erfahrenen Heeresbergführern die Beine am Ende der Woche schwer. Imposante 3000er Gipfel waren jedoch der tägliche Lohn der Mühen. Davon gibt es in den Stubaier Alpen bekanntlich zahlreiche, die bezwungen werden wollen. So gehörten unter anderem der „Zwieselbacher Rosskogel“ 3080 m, der „Breite Grieskogel“ 3287 m oder der „Hohe Seblaskogel“ 3235 m zu den bestiegenen Gipfeln.

Am Gipfel des SulzkogelAbfahrt im SteilgeländeLetzte Meter zu Fuß zum Gipfel

Beste Vorbereitung auf den Lehrgang
Alle drei Anwärter der Füssener Gebirgsaufklärer konnten ihre Fähigkeiten als Führer im winterlichen Hochgebirge steigern und ausbauen. Jetzt gilt es, die restliche Zeit bis zum Heeresbergführerlehrgang zu nutzen, um bestens vorbereitet in die Ausbildung zu starten. Schließlich wird bei Bestehen des Lehrgangs eines der begehrtesten Abzeichen der Bundeswehr, das „Heeresbergführerabzeichen“ verliehen.Die Heeresbergführer des Verbandes waren sich einig: Die Leistungen des Nachwuchs zeigen, dass sie auf dem richtigen Weg sind, die anspruchsvolle und anstrengende Ausbildung zum Heeresbergführer zu bestehen.

Bilder: Bundeswehr/Neumann
Text: Bundeswehr/Neumann
 

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